Holzwickede. Nach fast 125-jähriger Präsenz einer neuapostolischen Gemeinde in Holzwickede haben sich die Mitglieder dieser Gemeinde zum letzten Mal am Sonntag, 20. Februar 2022, in ihrem Gotteshaus am Ort versammelt. Den Gottesdienst zur Profanierung des Gebäudes feierte Apostel Zisowski mit den versammelten Gläubigen.
Der demografische Prozess insgesamt und das Fehlen junger Familien insbesondere verursachten zusehends die Überalterung der Gemeinde. Die letzten Konfirmationen fanden im Jahr 2015 statt. Zu Ausbildungs- und Studienzwecken habe die jungen Leute den Wohnort gewechselt und den Trend noch verstärkt.
Ehrenamtlich tätige Seelsorger im Diakonen- und Priesteramt aus Nachbargemeinden unterstützten seit einigen Jahren die örtlichen Kräfte. Zu den Wochentagsgottesdiensten versammelte sich die Gemeinde schon seit einigen Jahren in der Nachbargemeinde Dortmund-Aplerbeck. Auf Dauer war ein lebendiges Gemeindeleben durch alle Altersstrukturen hindurch nicht mehr zu gewährleisten.
Der ursprüngliche Plan, als Neuapostolische Kirche in der zum Kreis Unna gehörenden politischen Gemeinde Holzwickede einen Gemeindestandort zu behalten, konnte sich nicht realisieren lassen, so Dietmar Nieszytka, der amtierende Gemeindevorsteher in seinem Vortrag der Holzwickeder Kurzchronik am Ende des Gottesdienstes.
Demut und Traurigkeit zugleich
Ein Gesangsquintett unter der Leitung von Heike Gerwin, die bis vor den Einschränkungen durch die Corona-Pandemie den kleinen, aber feinen Holzwickeder Gemeindechor leitete, stimmte die Gläubigen vor dem Gottesdienst mit dem Kanon ein: „Wo zwei oder drei in meinem Namen versammelt sind, da bin ich mitten unter ihnen.“ Die Zuhörer verstanden die Botschaft: Das war so und das soll auch künftig so bleiben!
Auch die Predigt des Apostels bereitete das Quintett vor. Apostel Thorsten Zisowski zeigte sich beeindruckt von dem Vortrag, was sowohl den Klang des Gesangs als auch den Inhalt des Liedvortrags betraf: „Anbetung will ich Herr dir bringen, lobpreisen dich von Herzensgrund“ begann der Vortrag und endete: „… will neu um deinen Segen beten, ganz deiner Huld befohlen sein“ (Chorbuch 133).
Nicht oft gebe es einen Gesangsvortrag zu Beginn einen Gottesdienstes, der die ganze Predigt gesagt habe und man mit „Amen“ schließen könnte, so der Apostel. Demut und Traurigkeit habe er beim Zuhören empfunden und somit die Stimmung der Gemeinde aufgenommen.
Ortswechsel zwar, aber das Ziel bleibt
Natürlich sei auch diese Kirche nicht gebaut worden, um sie nach ein paar Jahrzehnten aufgeben zu müssen. Als man in den 80er-Jahren des vorigen Jahrhunderts von den Gläubigen als von der biblisch erwähnten kleinen Schar gesprochen habe, hätten die Kirchen kaum alle Gottesdienstteilnehmer gefasst, erinnerte er an seinerzeitige Verhältnisse.
Manches habe sich im Lauf der Zeit verändert, doch der Weg mit Jesu bleibe. „Es geht weiter, an anderer Stelle, auf anderem Untergrund, aber mit demselben Ziel!“, machte Apostel Zisowski den Holzwickedern Mut.
Beispielhaft nannte er die Jünger Jesu, die sich enttäuscht und frustriert auf ihren Weg gemacht hatten und in der Begegnung mit Jesus doch wieder in die Nachfolge eingetreten seien.
Wehmut, Dankbarkeit und Zuversicht
Priester Dietmar Nieszytka wendete sich noch einmal auf Bitte des Apostels an die Gemeinde, der er über 17 Jahre als Vorsteher gedient hatte. Sicherlich hätte er sich eine andere Zukunft dieser Gemeinde gewünscht, gestattete er einen Einblick in seine Empfindungen. Er gab aber auch seinem Dank Raum an alle und für alles, was die Gemeinde über die vielen Jahre ausgemacht habe.
Allen wünschte er Gottes Segen, in welche Gemeinde sie sich künftig auch immer begeben würden. „Das Ziel bleibt!“ knüpfte er an die Ausführungen des Apostels an.
Blick stracks nach Jerusalem
Bischof Manfred Bruns erinnerte in seinem Predigtbeitrag an die Begebenheit, als Jesus mit seinen Jüngern in Samarien unterwegs war und sie dort keine Herberge gefunden hatten. Seine Jünger wollten wohl die Samariter bestraft wissen, Jesus aber habe sich nicht aufhalten lassen und sei entschlossen seinen Weg nach Jerusalem gegangen.
Der Blick könne zwar zurück gehen, aber der Blick nach vorn sei der zielstrebigere Blick, so der Bischof, und er brachte es auf den Punkt: „Dankbar für die Tradition. Unendlich dankbar für die Zukunft."
Regelung der bisherigen Amtstätigkeiten – Verlesen der Kurzchronik – Profanierung
Nach der Verkündigung der Sündenvergebung und der Feier des Heiligen Abendmahls nahm Apostel Zisowski die geplanten Ruhesetzungen vor und regelte den Verbleib der weiteren bislang in Holzwickede tätigen Amtsträger (Bericht folgt).
Priester Nieszytka verlas die Kurzchronik der Gemeinde Holzwickede, die 1899 gegründet wurde und nunmehr 123 Jahre lang ihren Platz am Ort hatte.
Im Schlussgebet, das der Apostel mit dem dreifachen Segen beendete, nahm er die Entwidmung des Kirchengebäudes im Namen Gottes, des Vaters, des Sohnes und des Heiligen Geistes vor. Darin brachte er zum Ausdruck, dass das Gebäude fortan keine Offenbarungsstätte des Heiligen Geistes mehr sei und dass der Friede Gottes die Gläubigen künftig begleiten möge.
Mit dem gemeinsamen Gesang des traditionellen „Der Herr ist mein Licht, ist mein Licht und ist mein Heil, was fürcht‘ ich noch“ endete dieser Gottesdienst.
23. Februar 2022
Text:
Günter Lohsträter
Fotos:
Günter Lohsträter
Medien:
Günter Lohsträter