Dortmund-Hörde. Im Rahmen der Feierlichkeiten zum 125-jährigen Jubiläum der Gemeinde Hörde stand eine Andacht "Am Abend vor Karfreitag" auf dem Programm. In einer szenischen Darstellung gab es einen Einblick in die Tradition jüdischer Gepflogenheiten bei der Feier eines Passamahls.
Mehr als vierzig zumeist Hörder Gemeindemitglieder hatten sich am 6. April 2023 zu einer Andacht versammelt, in der es um das Passamahl ging. In einem moderierten Ablauf erlebten sie, wie jüdische Familien aktuell solche Passamahle feiern und wie sie wohl auch schon zur Zeit Jesu abgehalten wurden.
Die drei synoptischen Evangelien Matthäus, Markus und Lukas berichten einhellig über das Passamahl, das Jesus mit seinen Jüngern am Vorabend seiner Kreuzigung gefeiert hat. Christliche Tradition nimmt vielfach den als Gründonnerstag bezeichneten Tag vor Karfreitag zum Anlass, dieses letzten Abendmahls Jesu mit seinen Jüngern zu gedenken.
Erinnerung an die Befreiung aus Ägypten
Das Passafest gehört zu den Hochfesten im jüdischen Kalender. Das mehrtägige Fest erinnert an die Befreiung des Volkes Israel aus der ägyptischen Sklaverei vor jetzt über 3.500 Jahren. Es wird auch als Fest der "ungesäuerten Brote" bezeichnet.
Das Passafest zur Zeit Jesu war eingebettet in diese jüdische Tradition. Das ungesäuerte Brot erinnert an die gebotene Eile bei der Flucht aus Ägypten, die keine Zeit ließ, den üblicherweise zum Backen des Brotes benötigten Sauerteig zu bereiten.
Bittere Kräuter und ungesäuerts Brot
Zur Andacht in Hörde war auf dem Altarpodium eine festliche Tafel gedeckt, an der eine "jüdische Familie" - der Hausvater, seine Frau und zwei Kinder - Platz fanden. Nach einem Reinigungsritus - der Hausvater wusch seiner Familie die Hände - nahmen sie Platz. Der Rolle des Hausvaters kamen die Anbetungen Jahwes, des Gottes ihrer Väter Abraham, Isaak und Jakob sowie Zitate aus dem zweiten Buch Moses (Exodus) zu, einige Texte sprach die Familie gemeinsam.
Nach einem festen Ritus verzehrten sie grüne Kräuter (Petersilie), Salzwasser, bittere Kräuter (Chicoree), Mazzen (das ungesäuerte Brot), Charoseth (ein Fruchtmus) und schließlich Lammfleisch im Wechsel mit Rotwein.
Das Lesen der "Haggadah", der Geschichte des Auszugs, nahm eine zentrale Stelle bei der Feier des Passamahls ein. Vier Becher Rotwein wurden gereicht, jeder Becher mit einer anderen liturgischen Bedeutung.
Moderation und Musik
In der den szenischen Ablauf des Passamahls begleitenden Moderation wurden die Bedeutungen der einzelnen Speisen und der verschiedenen Weinbecher erläutert. Musikalische Beiträge von Orgel und Oboe gaben der Andacht ein zusätzliches festliches Gepräge.
Die Andacht endete mit dem vom Hausvater gesprochenen aaronitischen Segen. In andachtsvoller Stille verließen die Teilnehmer den Kirchensaal. Dominik Alpers, der Hörder Gemeindevorsteher und am Abend in der Rolle des Hausvaters, wusch als liturgischen Abschluss der Andacht allen die Hände
Gemeinschaft bei Lammbraten und Fladenbrot
Nach der Andacht versammelten sich die Teilnehmer zu Fladenbrot, Rotwein oder rotem Traubensaft und von im Sud gegarten Lammkeulen. Dazu wurden Petersilie, Chicoree und Fruchtmus gereicht.
Bedeutung der Speisen
Das grüne Kraut, die Petersilie symbolisiert die Früchte der Erde und insgesamt die zum Leben notwendige Nahrung. Das Salzwasser soll an die Tränen erinnern, die in Ägypten in der Sklaverei geweint wurden. Bittere Kräuter, hier das Chicoree, wird gegessen, um daran zu denken, dass die Ägypter das Leben der Israeliten durch Frondienste bitter machte. Das ebenfalls angebotene Fruchtmus aus Mandeln, Haselnüssen, Feigen, Datteln und Äpfeln soll in Konsistenz und Farbe an den Lehm erinnern, aus dem die Isrealiten als Sklaven in Ägypten Ziegel brennen mussten.
Der rote Wein wird im Gedenken an das Lammesblut getrunken, mit dem die Israeliten die Türschwellen ihrer Häuser bestrichen, um vor der zehnten Plage verschont zu bleiben.
Ein technischer Hinweis zum YouTube-Video: Die Andacht beginnt erst mit der zehnten Minute des Videos. Bitte vorspulen.
Begrüßung der Andachtsteilnehmer
18. April 2023
Text:
Günter Lohsträter
Fotos:
Eva Heinrich,
Lutz Krupka